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Kantonsrat St.Gallen 61.22.25
Einfache Anfrage Bruss-Diepoldsau:
«Tiefere Krankenkassenprämien – bessere Zusammenarbeit mit Apotheken
Die Gesundheitskosten explodieren, Vorschläge zur Kostendämmung sind gefragt. Unter vielen
Ideen und Massnahmen vermisse ich die bessere und einfachere Zusammenarbeit mit den Apotheken. Nicht die Hausärztin bzw. der Hausarzt soll immer die erste Anlaufstelle für Unpässlichkeiten sein, sondern die Apotheken. Diese erfahrenen und vielseitigen Fachleute in den Apotheken können/könnten viele Dienstleistungen anbieten – dies ohne grossen Aufwand. Das hat sich
auch während der Corona-Krise bestätigt. Es wird stets gejammert, dass wir zu wenig Hausärztinnen und Hausärzte haben, und so könnten wir auch die Honorarkosten sparen.
Durch die fehlenden Abrechnungsmöglichkeiten zwischen Apotheken und Versicherern werden
die Leute zur Hausärztin bzw. zum Hausarzt gedrängt und der Kostenaufwand unnötig erhöht.
Die Patientinnen und Patienten sind sich vielfach nicht bewusst, welche Kosten sie generieren,
da hier kaum Kostenvoranschläge gemacht bzw. die gängigsten Preise publiziert werden.
Auch die Gesundheitsprävention beginnt in den Apotheken und nicht erst bei den teuren Darmspiegelungen und Brustscreenings. Hier ist ebenfalls dringender Handlungsbedarf gefragt – mehr
Wahlfreiheiten für die Bürgerinnen und Bürger. Ich brauche doch kein bezahltes Brustscreening,
wenn mir z.B. meine Nieren, Leber oder sonst etwas Probleme bereiten.
Ich bitte die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Könnten nicht viele Hausärztinnen und Hausärzte entlastet werden, wenn unsere Apotheken
mehr Kompetenzen erhielten?
2. Wären hier nicht riesige Kostenersparnisse vorhanden?
3. Wie hoch belaufen sich die Kosten pro Jahr für die vom Kanton bezahlten Präventivmassnahmen wie Darmspiegelungen, Brustscreenings, Impfungen usw.?
4. Ist die Regierung in diesen Bereichen schon um Verbesserungen bemüht – allenfalls mit
Pilotprojekten?»
28. Mai 2022 Bruss-Diepoldsau

 

Antwort der Regierung

 

Kantonsrat St.Gallen 61.22.25
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Einfache Anfrage Bruss-Diepoldsau vom 28. Mai 2022
Tiefere Krankenkassenprämien – bessere Zusammenarbeit mit
Apotheken
Schriftliche Antwort der Regierung vom 28. Juni 2022
Carmen Bruss-Diepoldsau erkundigt sich in ihrer Einfachen Anfrage vom 28. Mai 2022 nach den
Einsparungen und der möglichen Entlastung von Hausärztinnen und Hausärzten, wenn
Apotheken mehr Kompetenzen erhalten würden.
Die Regierung antwortet wie folgt:

 

In den letzten Jahren wurden verschiedene Massnahmen umgesetzt, um die Apothekerinnen und
Apotheker stärker als Leistungserbringer in der Grundversorgung zu positionieren. Im
Vordergrund stehen dabei die Nutzung der Apotheke als niederschwelliger Zugang zum
Gesundheitssystem und die verstärkte Nutzung der pharmazeutischen Kompetenz von Apothekerinnen und
Apothekern in der Arzneimitteltherapie.
Der niederschwellige Zugang ist insbesondere für die rasche Behandlung leichter Erkrankungen
von Patientinnen und Patienten ohne Hausärztin oder Hausarzt und für die Behandlung
ausserhalb der Öffnungszeiten der Hausarztpraxis relevant. Mit der Revision des
eidgenössischen Heilmittelgesetzes (SR 812.21; abgekürzt HMG) wurde die Abgabe
verschreibungspflichtiger
Medikamente durch Apothekerinnen und Apotheker erleichtert. Seit dem 1. Januar 2019 dürfen
Apothekerinnen und Apotheker bestimmte Arzneimittel der Kategorie B (d.h.
verschreibungspflichtige Medikamente) für häufig auftretende Krankheiten (z.B. saisonale
allergische Rhinitis, Augen-Erkrankungen, akute Atemwegserkrankungen, MagendarmErkrankungen, Dermatosen [Ekzeme], Urogenitale-Erkrankungen, akute Schmerzen, Migräne,
Vitamin- und Mineralienmangel, Kariesprophylaxe, Raucherentwöhnung, Einschlafstörungen,
hypotone Kreislaufregulationsstörungen, Reisekrankheit und Gleichgewichtsstörungen,
Notfallkontrazeption [zur Verhinderung einer Schwangerschaft] und Notfalltherapie der OpioidÜberdosierung) auch ohne ärztliche Verschreibung abgeben. Dasselbe gilt für die Weiterführung
einer Dauermedikation während eines Jahrs nach erfolgter ärztlicher Erstverschreibung. In
begründeten Ausnahmefällen durften Apothekerinnen und Apotheker schon vor dem 1. Januar
2019 verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne ärztliche Verschreibung an Patientinnen und
Patienten abgeben.
Die Kompetenzen der Apothekerinnen und Apotheker wurden auch im eidgenössischen
Medizinalberufegesetz (SR 811.11) erweitert. Im Kanton St.Gallen sind Apothekerinnen und
Apotheker mit einer entsprechenden Weiterbildung infolgedessen seit 1. November 2016 bzw.
seit 1. Februar 2021 befugt, Impfungen gegen Grippe, gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis
(FSME), gegen Hepatitis A und B, gegen Diphterie, Tetanus, Pertussis und Poliomyelitis sowie
gegen SARS-CoV-2 fachlich eigenverantwortlich durchzuführen. Vorher musste für eine Impfung
die Hausärztin bzw. der Hausarzt konsultiert werden.
Apothekerinnen und Apotheker dürfen ausserdem Blutdruck-, Cholesterin- und
Blutzuckermessungen sowie im Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie auch
Antigenschnelltests und PCR-Tests durchführen.

 

Zu den einzelnen Fragen:
1. Den Apothekerinnen und den Apothekern kommt als Akteuren in der medizinischen
Grundversorgung eine wichtige Rolle zu. Aus diesem Grund dürfen Apothekerinnen und
Apotheker gestützt auf Art. 45 der eidgenössischen Verordnung über die Arzneimittel (SR
812.212.21; abgekürzt VAM) seit dem 1. Januar 2019 zur Behandlung häufig auftretender
Krankheiten auch verschreibungspflichtige Medikamente ohne ärztliche Verschreibung
abgeben und medizinische Dienstleistungen erbringen (z.B. Impfungen).
Für weitergehende Massnahmen müssten u.a. zuerst die gesetzlichen Rahmenbedingungen
im Medizinalberufegesetz sowie im Krankenversicherungsgesetz und seinen Verordnungen
angepasst werden. Dabei sind die Akzeptanz der Leistungserbringer und die
Rücksichtnahme auf die Gegebenheiten in den Kantonen von zentraler Bedeutung.

2. Beim stärkeren Einbezug der Apothekerinnen und Apotheker in der Gesundheitsversorgung
stehen nicht Kosteneinsparungen im Vordergrund, sondern der niederschwellige Zugang
zum Gesundheitswesen und die stärkere Nutzung der pharmazeutischen Fachkompetenz
von Apothekerinnen und Apothekern. Die Zusammenarbeit zwischen Arztpraxen und
Apotheken bleibt für eine qualitativ hochwertige medizinische Grundversorgung zentral.

3. Der Kanton St.Gallen unterstützt das kantonale Brustkrebsfrüherkennungsprogramm sowie
seit dem Jahr 2022 das Darmkrebsfrüherkennungsprogramm finanziell. Ziel dieser
Programme ist ein flächendeckendes, niederschwelliges und qualitätsgesichertes Angebot
für die Bevölkerung zur frühzeitigen Erkennung von Brust- bzw. Darmkrebs, um die
Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern. Damit können die Morbiditäts- und
Mortalitätsraten gesenkt und die Lebensqualität der Betroffenen verbessert werden. Dabei
finanziert der Kanton St.Gallen ausschliesslich Programmkosten wie Koordinations-,
Informations- und Qualitätssicherungsaufgaben. Die Kosten betragen gemäss Budget 2022
rund 0,7 Mio. Franken. Die von den Leistungserbringern erbrachten medizinischen
Leistungen werden vom Kanton nicht mitfinanziert, sondern über die Krankenversicherung
abgerechnet.

4. In verschiedenen nationalen Strategien, etwa der Prävention von nichtübertragbaren
Krankheiten (NCD) oder Suchterkrankungen, wurde im Kanton St.Gallen damit begonnen,
die Apotheken verstärkt in die Präventionsarbeit einzubeziehen. Die Apotheken agieren
dabei als niederschwellige Beobachtungs-, Beratungs- und Koordinationsstelle, z.B. in der
Tabakprävention (indem die Kundschaft situativ auf das Rauchverhalten angesprochen wird)
oder in der Sturzprävention (Aktionswoche).
Apothekerinnen und Apotheker können auch bei der therapeutischen Begleitung chronisch
Kranker und anderer Risiko-Patientengruppen einen wertvollen Beitrag leisten. In der
Schweiz existieren dazu bereits erfolgversprechende Ansätze, allerdings erst als Pilotprojekte. Um Nutzen und Vorteile solcher koordinierter Behandlungsformen zu überprüfen,
begleitete der Bund zwei ausgewählte Pilotprojekte wissenschaftlich. Es handelt sich dabei
um das Programm SISCare zur Förderung der Therapietreue bei Diabetikerinnen und
Diabetikern und um die spezialisierten «medinform»-Kinderapotheken.

Von cbruss

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