Kantonsrat St.Gallen 61.24.38
Einfache Anfrage Bruss-Diepoldsau:
«Gesundheit – besser Prävention – tiefere Krankenkassenprämien
Prävention beginnt nicht bei der Darmspiegelung. Aktuell fokussiert sich die Prävention des
Kantons vorwiegend auf Darmspiegelung, Brustscreening und Impfung.
Grössere Gefahren für unsere Gesundheit und die damit verbundenen Kosten liegen im Herz-
Kreislaufsystem, Diabetes usw. Auch z.B. Nieren/Nebennieren mit ihren Stoffwechselfunktionen
werden diesbezüglich stiefmütterlich behandelt. Obwohl die psychischen Krankheiten immer
mehr zunehmen und ein Hauptauslöser Stress verbunden mit Hormonstörungen sein kann,
wird hier kaum ermittelt.
Jeder Mensch muss lernen, selbst auf sich zu hören und seine Schwachpunkte kennen zu ler-
nen. Ich brauche keine Darmspiegelung, wenn ich Nierenprobleme habe!
Mit unserem heutigen teuren, schwerfälligen und diktatorischen System wird Selbstverantwor-
tung im Gesundheitswesen fast verunmöglicht.
Blutabnahme/Urintests usw. könnten z.B. direkt in der Apotheke gemacht werden. Ein Besuch
bei Ernährungsberatern muss über einen Arzt angeordnet werden, genauso z.B. Physiothera-
pie. Unser System wird künstlich verteuert und der Zugang zu diversen Akteuren im Gesund-
heitswesen wird verunmöglicht. So könnten z.B. auch Naturheilpraktiker, Hypnosetherapeuten
bzw. alle, welche eine Bewilligung für ihre Berufsausübung besitzen, bei der Prävention mitein-
bezogen werden. Da der Betrag für die Prävention gedeckelt ist, müssten auch keine übermäs-
sigen Kosten befürchtet werden.
Es haben nicht alle Bürger genug Geld, um sich Franchise, Gesundheit ausserhalb der Grund-
versorgung, geschweige denn Zusatzversicherungen zu leisten.
Jeder sollte daher wenigstens einen eigenen minimalen jährlichen Betrag für Prävention zu
Verfügung erhalten. Darüber muss selbst entschieden werden können, wie das Geld eingesetzt
wird oder ob für einen grösseren Check in einem Folgejahr gespart werden möchte.
Ich bitte die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Wäre es nicht sinnvoll, die Verwaltungskosten von ca. 700’000 Franken für die aktuelle
Krebsprävention für breitere Präventionsmöglichkeiten einzusetzen?
2. Hat die Regierung hier die Möglichkeit und ist gewillt, einen besseren, niederschwelligen
Zugang zu mehr Prävention zu schaffen – allenfalls als Pilotprojekt?
3. Könnten hier Verhandlungen mit Krankenkassen/Schulgemeinden/Unternehmen usw. ans
Ziel führen, damit die Kosten im Griff gehalten werden könnten?»
30. Mai 2024 Bruss-Diepoldsau
Anwort der Regierung 2. Juli 2024
GD / Einfache Anfrage Bruss-Diepoldsau vom 30. Mai 2024
Gesundheit – besser Prävention – tiefere Krankenkassenprämien
Carmen Bruss-Diepoldsau erkundigt sich in ihrer Einfachen Anfrage vom 30. Mai 2024 nach
der Prävention im Gesundheitsbereich im Kanton St.Gallen.
Die Regierung antwortet wie folgt:
Der Kanton St.Gallen setzt gegenwärtig verschiedene Massnahmen in der Prävention und
Gesundheitsförderung um mit dem Ziel, die Gesundheit der Bevölkerung zu fördern und das
Risiko für unterschiedliche Erkrankungen zu reduzieren. Dazu gehören unter anderem Pro-
gramme und Angebote zur Gesundheitsförderung in Schulen, Betrieben und Gemeinden, die
Förderung von gesunder Ernährung und Bewegung sowie die Suchtprävention. Ein weiterer
Fokus liegt auf Massnahmen zur Stärkung der psychischen Gesundheit der Bevölkerung, um
der steigenden Häufigkeit von psychischen Erkrankungen entgegenzuwirken. Auch medizini-
sche Präventionsmassnahmen zur Verhütung und Früherkennung spezifischer Krankheiten
wie Impf- und Screening-Programme oder schulärztliche und schulzahnärztliche Untersuchun-
gen werden im Kanton St.Gallen umgesetzt. Mit diesen vielseitigen Schwerpunkten werden
unterschiedliche Anspruchsgruppen angesprochen und ein umfassender Präventionsansatz
für die St.Galler Bevölkerung verfolgt. Dabei besteht eine enge Zusammenarbeit mit verschie-
denen Akteuren und Organisationen auf kantonaler und nationaler Ebene wie z.B. mit der na-
tionalen Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz oder dem Tabakpräventionsfonds.
Zu den einzelnen Fragen
1. Wäre es nicht sinnvoll, die Verwaltungskosten von ca. 700’000 Franken für die aktuelle
Krebsprävention für breitere Präventionsmöglichkeiten einzusetzen?
Nebst Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes gehören Krebserkrankungen zu den häu-
figsten Todesursachen in der Schweiz.1
Gemäss Schweizerischem Gesundheitsobservatorium (Obsan) lag im Kanton St.Gallen die
durchschnittliche jährliche Anzahl Krebs-Neuerkrankungen von 2016 bis 2020 bei 2’580 Per-
sonen je Jahr. Die häufigsten Krebsarten sind dabei Prostatakrebs, Brustkrebs und Dickdarm-
krebs.2
Daher setzt sich der Kanton St.Gallen mit Screening-Programmen für die Früherkennung von
Brust- und Darmkrebs ein. Ein organisiertes Screening-Programm ermöglicht ein kostenloses
und qualitätsgesichertes Angebot mit einem niederschwelligen Zugang für alle Personen der
entsprechenden Zielgruppe.
1 Bundesamt für Gesundheit (BAG) und Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und
-direktoren (GDK), Nationale Strategie Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (NCD-Strategie) 2017–2024,
Bern 2016.
2 Vgl. https://ind.obsan.admin.ch/indicator/monam/krebs-inzidenz.
2/2
In einer kürzlich publizierten Studie der Universität St.Gallen (HSG) zusammen mit der Krebs-
liga Ostschweiz konnte gezeigt werden, dass die Überlebensrate bei Frauen mit Brustkrebs,
die an einem Screening-Programm teilgenommen haben, höher war als bei Frauen, die nicht
bei einem solchen Programm dabei waren.3
2. Hat die Regierung hier die Möglichkeit und ist gewillt, einen besseren, niederschwelligen
Zugang zu mehr Prävention zu schaffen – allenfalls als Pilotprojekt?
Eine Kernaufgabe der Prävention besteht darin, die Angebote niederschwellig zu gestalten,
damit möglichst viele Menschen erreicht werden und von präventiven Massnahmen profitie-
ren können. Je nach Massnahme werden dafür verschiedene Ansätze gewählt, wie z.B. eine
enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Anspruchsgruppen und Organisationen. Der Kanton
St.Gallen arbeitet stetig daran, die Präventionsmassnahmen für vielfältige Bevölkerungsgrup-
pen leichter zugänglich zu machen und Hürden abzubauen.
3. Könnten hier Verhandlungen mit Krankenkassen/Schulgemeinden/Unternehmen usw. ans
Ziel führen, damit die Kosten im Griff gehalten werden könnten?
Gemäss der Nationalen Strategie zur Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (NCD-Strate-
gie) ist Prävention ist ein wirksamer Ansatz, um nichtübertragbare Krankheiten zu reduzieren
und somit die Kosten im Gesundheitswesen zu senken.4 In der Schweiz flossen in den Jahren
2010 bis 2021 aber nur zwischen 1,2 und 1,6 Prozent der Gesamtkosten des Gesundheits-
wesens in die Prävention und Gesundheitsförderung.5 Eine höhere Investition in diesen Be-
reich wäre ein wirksamer Ansatz, um die Ausgaben für die Behandlung von Krankheiten im
Griff zu halten. Damit hier eine Umsteuerung der Mittel von Seiten Krankenkassen möglich ist,
sind allerdings Anpassungen auf nationaler Ebene im Bundesgesetz über die Krankenversiche-
rung (SR 832.10) notwendig; der Kanton hat hier wenig Gestaltungskompetenz. Mit den Schul-
gemeinden werden auf kantonaler Ebene gemeinsam die Schularzt- und Schulzahnarztuntersu-
chungen umgesetzt, damit allen Kindern und Jugendlichen Vorsorgeuntersuchungen ermöglicht
werden.
3 D. Kuklinski / M. Blum / J. Subelack / A. Geissler / A. Eichenberger / R. Morant, Breast cancer patients enrolled
in the Swiss mammography screening program «donna» demonstrate prolonged survival, St.Gallen 2024.
4 Bundesamt für Gesundheit (BAG) und Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und
-direktoren (GDK), Nationale Strategie Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (NCD-Strategie) 2017-2024,
Bern 2016.
5 Vgl. https://ind.obsan.admin.ch/indicator/monam/ausgaben-fuer-gesundheitsfoerderung-und-praevention-nach-