Patrioten Schweiz findet es nur gerecht, wenn Personen, welche ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlen wollen sanktioniert werden. Aktuell landen sie nach der Betreibung auf der „Schwarzen Liste“ und erhalten nur noch Nothilfe.
Die Lösung ist nicht ganz zufriedenstellend, darum sind Bestrebungen im Gange diese Liste ersatzlos abszuschaffen.
Für Patrioten Schweiz ist das keine Option, wenn der Steuerzahler sämtliche Leistungen übernehmen muss.
Aktuell werden im Kanton St.Gallen ca. 14 Millionen CHF auf die Gemeinden überwälzt.
Auf der „Schwarzen Liste“ befinden sich im Kanton St.Gallen aktuell ca. 10’000 Personen – Tendenz stark steigend.
Interpellation Bruss-Diepoldsau / Böhi-Wil:
«Schwarze Liste – Abschaffung nicht, bevor das Problem gelöst ist
Für Personen, die ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlen wollen, besteht eine Sanktion, indem sie lediglich bei einem medizinischen Notfall behandelt werden. Diese Sonderbehandlung ist
gerechtfertigt, da es nicht nachvollziehbar ist, dass säumige Prämienzahler gratis die gleichen
medizinischen Leistungen beziehen können wie die Versicherten, die ihre Prämien regelmässig
bezahlen. Im Übrigen sind Bezüger von Sozialhilfe, Ergänzungsleistungen sowie Kinder von dieser Sanktionsmöglichkeit nicht betroffen.
In der Praxis erweist sich die Anwendung der Schwarzen Liste jedoch als nicht zufriedenstellend,
insbesondere für die Leistungserbringer. Die Definition und der Umgang mit Notfallbehandlungen
sind teilweise unklar, ebenso die Wirkung dieser Massnahme auf die Zahlungsbereitschaft der
säumigen Prämienzahler.
Die Begleichung der Verlustscheine – der Kantonsanteil beträgt aktuell gegen 15 Mio. Franken –
aus Steuergeldern und die zusätzlichen Kosten für den Verwaltungsaufwand bei Kanton und Gemeinden lassen Zweifel an der Verhältnismässigkeit der Führung der Schwarzen Liste aufkommen.
Die geplante Problemüberwälzung an die Gemeinden gemäss IX. Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Krankenversicherung (22.19.16) ist nicht zweckmässig.
Um die Akzeptanz des steigenden Aufwands für Prämienverbilligungen und für die Übernahme
der Krankenkassenprämien zugunsten wirtschaftlich schwacher Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten, ist die ersatzlose Abschaffung der Schwarzen Liste keine Option, sondern andere
Lösungen sind zu prüfen.
Wir bitten die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Gibt es zur Führung der Schwarzen Liste Alternativen, welche die regelmässigen Prämienzahler gegenüber den Säumigen nicht benachteiligen?
2. Wie beurteilt die Regierung die Option, dass bei Bestehen eines Zahlungsbefehls die Krankenkassenprämien direkt vom Einkommen des Schuldners abgezogen werden?
3. Welche gesetzgeberischen Schritte wären für die Einführung dieser Option notwendig und auf
welcher Staatsebene?»
18. Mai 2020 Bruss-Diepoldsau
Böhi-Wil
Antwort der Regierung
Interpellation Bruss-Diepoldsau / Böhi-Wil vom 18. Mai 2020
Schwarze Liste – Abschaffung nicht, bevor das Problem gelöst ist
Schriftliche Antwort der Regierung vom 30. Juni 2020
Carmen Bruss-Diepoldsau und Erwin Böhi-Wil erkundigen sich in ihrer Interpellation vom
18. Mai 2020 nach Alternativen zur Führung einer Liste für säumige Prämienzahlende (sogenannte «schwarze Liste»).
Die Regierung antwortet wie folgt:
Die Liste für säumige Prämienzahlende wurde eingeführt, um eine Verbesserung der Zahlungsmoral zu erreichen bzw. um Verlustscheinforderungen für Prämienausstände und Kostenbeteiligungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP), die zu 85 Prozent von der öffentlichen Hand finanziert werden müssen, zu senken. Die erhoffte abschreckende Wirkung der Liste
ist jedoch aufgrund der Entwicklung der Verlustscheinforderungen bzw. aufgrund von Vergleichen
mit anderen Kantonen nicht feststellbar. Gemäss einer Erhebung der Schweizerischen Konferenz
der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) lagen im Jahr 2018 in acht von
neun Kantonen, die damals eine Liste für säumige Prämienzahlende führten, die Ausgaben für
Verlustscheine (in Prozent des Prämiensolls) unter dem schweizerischen Durchschnitt oder entsprechen diesem. In zehn Kantonen, die keine Liste führen, lagen die Ausgaben aber ebenfalls
und zum Teil deutlich unter dem schweizerischen Durchschnitt. In einem Kanton lagen die Prämienausstände – trotz der Liste für säumige Prämienzahlende – über dem schweizerischen
Durchschnitt. Die Listenführung ist zudem für die Leistungserbringer und die Krankenversicherer
mit einem administrativen Mehraufwand verbunden. Aufgrund des schlechten Kosten-NutzenVerhältnisses werden zunehmend kritische Stimmen laut. Im April 2020 hat die Schweizerische
Akademie der Medizinischen Wissenschaften – gestützt auf eine Stellungnahme ihrer Ethikkommission – empfohlen, auf die Führung einer Liste für säumige Prämienzahlende zu verzichten.
Auch verschiedene Vorstösse in den eidgenössischen Räten verlangen eine Abschaffung der
Liste. Auslöser waren zwei Fälle, die national für Entrüstung sorgten. Einem HIV-positiven – inzwischen verstorbenen – Mann wurden aufgrund des Listeneintrags HIV-Medikamente verweigert. Bei einer Frau mit Listeneintrag wurden die Kosten für eine Geburt nicht übernommen. Die
Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) hat sich an ihrer Sitzung vom 25. Mai 2020 mehrheitlich für eine Abschaffung der Listen für säumige Prämienzahlende ausgesprochen.
Zu den einzelnen Fragen:
1. Die SGK-S hat zur Standesinitiative des Kantons Thurgau «Ergänzung von Artikel 64a des
Bundesgesetzes über die Krankenversicherung betreffend Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten» (16.312) eine Vernehmlassungsvorlage angekündigt. Ziel der
Vorlage ist die Verbesserung des Vorgehens bei Nichtbezahlen der Prämien und Kostenbeteiligungen der OKP. Versicherte, die ihre Ausstände trotz Betreibung nicht zahlen, sollen
neu in einem Modell mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer versichert werden. Im
Gegenzug möchte die Kommissionsmehrheit die Listen für säumige Prämienzahlende abschaffen. Junge Erwachsene sollen ausserdem nicht mehr für OKP-Ausstände haften, die
entstanden sind, solange sie minderjährig waren. Zudem sollen die Kantone die Möglichkeit
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erhalten, mit einer Übernahme von 90 Prozent (anstatt 85 Prozent) der OKP-Verlustscheinforderungen die Bewirtschaftung der Verlustscheine der Versicherer zu übernehmen (Abtretung Verlustscheine). Andere Alternativen sind nicht in Diskussion.
2./3. Mit einem Zahlungsbefehl werden säumige Personen vom Betreibungsamt aufgefordert, die
Schuld innert 20 Tagen zu begleichen. Nach Ablauf dieser Frist kann die Betreibung fortgesetzt werden. Wenn die betriebenen Ausstände nicht durch Vermögen gedeckt werden können, kommt es zu einer Lohnpfändung. In diesem Fall wird derjenige Betrag des Lohns, der
das Existenzminimum übersteigt, vom Betreibungsamt eingezogen. Die Rangordnung der
Gläubiger wird durch das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SR 281.1; abgekürzt SchKG) vorgegeben. Bei den Prämien und Kostenbeteiligungen der OKP handelt es
sich um Forderungen zweiter Klasse. Die Lohnpfändung entspricht quasi einem Lohnabzug.
Eine separate Regelung für die 20-tägige Phase zwischen Zahlungsbefehl und Fortsetzung
der Betreibung, die Voraussetzung für eine Lohnpfändung ist, ist nicht sinnvoll.
Ein genereller Lohnabzug für OKP-Prämien müsste durch das Bundesrecht bzw. das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (SR 832.10; abgekürzt KVG) vorgegeben werden.
Aufgrund des grossen administrativen Aufwands für die Weiterleitung der mittels Lohnabzug
erhobenen OKP-Prämien an die verschiedenen Versicherer und für ein paralleles Verfahren
für Personen ohne Arbeit und selbständig Erwerbende hat sich der Bundesrat in der Beantwortung der Frage «Krankenkassenprämien. Zahlung über Lohnabzug» (18.5296) gegen einen solchen Systemwechsel ausgesprochen.