Kanton Graubünden
Amt für Raumentwicklung Graubünden
Ringstrasse 10
7001 Chur
Bern, 23. Juni 2023
Richtplananpassung im Bereich Energie (KRIP-E, Kap. 7.1)
Stellungnahme Energie Club Schweiz
Sehr geehrte Damen und Herren,
Herzlichen Dank für die Möglichkeit, eine Stellungnahme zur Richtplananpassung im Bereich
Energie des Kantons Graubündens einreichen zu können.
Der Energie Club Schweiz (www.energieclub.ch) ist eine Vereinigung von natürlichen und
juristischen Personen, deren Anliegen es ist, Wirtschaft und Gesellschaft durch eine
realistische, jederzeit sichere, bezahlbare und umweltgerechte Energiepolitik zu unterstützen.
Der Energie Club Schweiz setzt sich für folgende Ziele ein:
•
•
•
•
Die Einhaltung der Bundesverfassung (Art. 89), die eine ausreichende, breit gefächerte,
sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung zum Ziel hat.
Die Versorgungssicherheit der Schweiz mit Energie – insbesondere mit Strom – zu
gewährleisten.
Die Erhaltung einer florierenden Volkswirtschaft und Wohlstand.
Den Schutz von Umwelt und Landschaft in der Schweiz.
Der Energie Club Schweiz vertritt die Interessen seiner Mitglieder im Rahmen nationaler und
kantonaler Gesetzgebungsprozessen – so auch im Kanton Graubünden.
Im Richtplantext widmet sich das Amt für Raumentwicklung GR in Kapitel 7.1.3
Windenergieanlagen dem Ausbau der Windkraft im Kanton Graubünden. Einleitend heisst es:
„Die Windenergie ist eine unerschöpfliche, CO 2-neutrale Energiequelle für die Stromproduktion,
Energie Club Schweiz
Christoffelgasse 3
3011 Bern
info@energieclub.ch
welche schweizweit ein beträchtliches Potenzial aufweist. Die besten Bedingungen für die
Windenergienutzung bestehen während der Wintermonate, rund zwei Drittel der
Jahresproduktion werden im Winterhalbjahr erzielt. Aus diesem Grund kommt der Windenergie
eine grosse Bedeutung für die Sicherung der Winterstromversorgung und der Schliessung der
Lücken in der schweizerischen Stromproduktion zu.“
Wir möchten an dieser Stelle auf zwei aus unserer Sicht sehr kritische Aspekte hinweisen, die
für den Kanton Graubünden von grosser Wichtigkeit sind und klar für eine Überarbeitung der
Richtplananpassung sprechen:
1.
Windturbinen lösen das Schweizer Winterstrom-Problem nicht und weisen eine
schlechte Ökobilanz auf
Der Wind weht zu 58% im Winterhalbjahr. Zusätzlich gibt es oft Dunkelflauten. Ganz generell ist
klar, dass die Schweiz kein Windland ist. In der Schweiz gab es auch nie Windmühlen, wie
beispielsweise an den Küsten in Nordeuropa. Grund dafür ist der fehlende Wind (Historisches
Lexikon der Schweiz, Mühlen, 2012). Das Bundesamt für Energie hat im 2019 publizierten
Windatlas nachgewiesen, dass die Schweiz kein Windland ist (Bundesamt für Energie,
windatlas.ch mit neuen Messdaten, 2019). Die ungenügenden Windgeschwindigkeiten haben
eine grosse Wirkung. Die Stromproduktion einer Windturbine nimmt mit der dritten Potenz der
Windgeschwindigkeit ab. Die Produktion verringert sich also in viel höherem Ausmass, als die
Windgeschwindigkeit abnimmt.
Eine moderne, sehr grosse Windturbine mit 240m Höhe leistet im Maximum bei idealen
Windverhältnissen 4 Megawatt (MW). Ideale Windverhältnisse gibt es selten (ca. 8% im Jahr),
häufig herrscht Windstille (30% im Jahr). Die meiste Zeit produziert eine Windenergieanlage
weniger als die Hälfte ihrer installierten Leistung.
In der Schweiz kommen grosse Windkraftanlagen netto auf knapp 1800 Volllaststunden oder
20% Effizienz. Das heisst, eine grosse 4 MW-Anlage leistet nicht 4 MW, sondern im
Jahresmittel 0.82 MW oder 820 kW, also 7 Millionen kWh pro Jahr. Das heisst, rund 10’000
Turbinen schaffen im Jahr 74 TWh. Das kann man sich nicht vorstellen. Die Fläche der Schweiz
beträgt 41’000 Quadratkilometer. Somit hat es für eine Turbine etwa 4 Quadratkilometer Platz.
Das heisst, über die ganze Schweiz verteilt stünde im Schachbrettmuster alle 2 km eine 240m
grosse Windkraftanlage.
Windenergie leidet neben dem hohen Landverbrauch an einem weiteren Makel: Die
Energieproduktion ändert sich nicht parallel zur Windgeschwindigkeit, sondern mit der dritten
Potenz. Das heisst, bei der halben Windgeschwindigkeit sinkt die Leistung auf einen Achtel,
Energie Club Schweiz
Christoffelgasse 3
3011 Bern
info@energieclub.ch
also 12%. Um gleichviel Strom zu produzieren wie eine Windanlage an der Nord- / Ostsee muss
man hier 8 Windturbinen aufstellen.
Allein der Materialaufwand ist beträchtlich. Für eine WKA vom Typ «Vestas V112» (3 MW
Nennleistung) werden benötigt (Bundesamt für Energie, Ökobilanzierung von Schweizer
Windenergie, 2015).
Stahl und Gusseisen
Beton
Keramik und Glas
Diverse Kunststoffe
Kupfer
Aluminium
Seltene Erden
357 Tonnen
902 Tonnen
24 Tonnen
21 Tonnen
5 Tonnen
3 Tonnen
0,5 Tonnen
Mit diesem Aufwand gelingt es, im Jahr 6‘000 MWh elektrische Energie zu erzeugen, eine
Menge, die das KKW Gösgen in 7 Stunden produziert. Damit ist Windenergie weder
wirtschaftlich noch ressourcenschonend.
Neben dem Materialaufwand muss der Landverbrauch betrachtet werden. Windturbinen werden
dort aufgestellt, wo der Wind weht – auf Hügeln und Kreten. Für die Transporte müssen
Erschliessungsstrassen gebaut werden, in Wäldern mit den entsprechenden Rodungen. Die
Tausend Tonnen schweren Fundamente dürften für immer im Boden bleiben und diesen nutzlos
machen. Dazu kommen Schäden an der Biodiversität, insbesondere an der Vogelwelt und an
Fledermäusen, die Lärmbelästigung für Erholungssuchende und Anwohner sowie im Winter das
Problem des Eiswurfs.
2.Windturbinen zerstören die einzigartige Bündner Landschaft und schaden damit
auch der volkswirtschaftlich wichtigen Tourismus-Branche
Obschon Beeinträchtigungen des Tourismus von der Windkraft-Lobby immer in Abrede gestellt
werden, belegen diverse Studien und Visualisierungen das Gegenteil. Windkraft-Anlagen haben
einen negativen Einfluss auf die Tourismus-Branche (Leibnitz, Gone with the wind? The impact
of wind turbines on tourism demand, 2015 und AHIT, Une étude et un sondage édifiant, les
touristes disent non aux éoliennes industrielles géantes, 2017). Zusammenfassend kommen die
beiden Studien zu folgenden Resultaten:
•
Windkraftanlagen wirken sich negativ auf den visuellen ästhetischen Wert von
Landschaften aus – das wiederum wirkt sich negativ auf die touristische Nachfrage aus.
Energie Club Schweiz
Christoffelgasse 3
3011 Bern
info@energieclub.ch
•
•
In Deutschland und Frankreich lässt sich eine negative Beziehung zwischen der
touristischen Nachfrage und dem Bau von Windkraftanlagen nachweisen.
Ein nachhaltiger Tourismus richtet sich an den Bedürfnissen kommender Generationen
aus, indem er die Schönheit und Unversehrtheit der Landschaft und der Natur bewahrt.
Industrielle Windkraftanlagen widersprechen diesem Grundsatz.
Für den Kanton Graubünden ist der Tourismus von grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung.
Weil Windkraftanlagen die Landschaft industrialisieren und die Bergwelt verschandeln, schaden
sie dem Bündner Tourismus ganz massiv.
Aus diesen Gründen spricht sich der Energie Club Schweiz dafür aus, auf die
Richtplananpassung im Bereich Energie zu verzichten.
Wir sind sicher, dass der Kanton Graubünden letztlich eine Richtplananpassung präsentiert,
welche die Stromversorgungssicherheit tatsächlich stärkt und der tourismusfreundlichen
Tradition des Kantons gerecht wird.
Bei Fragen oder Anliegen erreichen Sie per Mail unter info@energieclub.ch.
Mit bestem Dank und freundlichen Grüssen
Vanessa Meury, Präsidentin
Mirko Gentina, Geschäftsführer